Erstmals werden Juden in Varel im Jahr 1686 erwähnt. Später errichtete die Gemeinde eine Synagoge, die während der Pogromnacht 1938 zerstört wurde. Heute erinnert ein Mahnmal an sie. Der älteste Friedhof des Oldenburger Landes, seit Anfang des 18. Jahrhunderts von der jüdischen Gemeinde genutzt, liegt in der Nähe von Varel. Der Arbeitskreis Juden in Varel bemüht sich um Erinnerungsarbeit und veranstaltet Führungen sowie Aktivitäten im Weinberghaus.
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Jüdisches Leben
Die ersten Juden in Varel wurden 1686 als Bewohner der Christiansburg am Vareler Hafen erwähnt. Nach Aufgabe der Burg durften die jüdischen Familien ins benachbarte Varel übersiedeln.
Aus diesen Anfängen entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte eine kleine, aber aktive jüdische Gemeinde.
Nach Jahren von Gottesdiensten in privaten Häusern wurde 1848 eine Synagoge erbaut und geweiht. Sie wurde in der Pogromnacht 1938 zerstört. Im Jahr 1990 wurde ein Mahnmal zur Erinnerung an die Synagoge errichtet.
Die jüdische Gemeinde besaß seit Anfang des 18. Jahrhunderts einen eigenen Friedhof unweit von Varel. Die erste Bestattung fand dort 1702 statt. Damit ist dieser Friedhof der älteste des Oldenburger Landes.
Die jüdische Gemeinde entwickelte sich langsam und erreichte 1825 mit 104 Personen ihren höchsten Mitgliederstand. Diese Zahl sank in den 1920er Jahren auf 60, und 1933 gab es noch 40 Juden in der Stadt. Nach der Pogromnacht 1938 verließen alle bis auf zwei Familien Varel.
Weinberghaus
Die in Varel gebliebenen Geschwister Ernst und Jette Weinberg betrieben in ihrem Haus in der Schüttingstrasse ein Heim für alte und gebrechliche Juden. Im November 1938 lebten im Haus sechs Bewohner zusammen mit den Geschwistern Weinberg.
Im Oktober 1941 deportierten die Nationalsozialisten vier der sechs Bewohner und die Geschwister Weinberg ins Ghetto Lodz. Alle Deportierten kamen zu Tode.
Bis Juli 1942 wurde das Gebäude noch einige Monate als Altenheim für die letzten Juden aus Ostfriesland und dem Oldenburger Land genutzt. Sie wurden aus einem Altenheim in Emden nach Varel geschafft. Das Leben im Altenheim läßt sich angesichts der sehr beengten unmenschlichen Verhältnisse nur als „Leben in einem kleinstädtischen Ghetto“ beschreiben.
Im Juli 1942 wurden die letzten 23 Bewohner von den Nazis nach Theresienstadt deportiert. 16 Menschen kamen dort um. Weitere sieben wurden in Auschwitz ermordet.
Das Altenheim der Geschwister Weinberg ist das einzige steinerne Zeitzeugnis der grausamen Geschehnisse in der Zeit der Nazidiktatur. Es wurde von einer lokalen Stiftung gekauft, um als Gedenk- und Lernort zu dienen.
Der Arbeitskreis Juden in Varel hat einen Teil des Hauses gemietet und renoviert. Er führt dort Veranstaltungen durch, die dem Denken an die Geschichte des Hauses dienen und versucht, Wissen und Bewußtsein über die rassistische und antisemitische Vergangenheit als Grundlage für eine bessere Zukunft zu schaffen.
Unter dem Dach des Arbeitskreises sind eine Vielzahl von Schriften und Büchern über die Geschichte der Juden in Varel, einzelne jüdische Familien, die Synagoge, den Friedhof und mehr erschienen. Von Mitgliedern des Arbeitskreises werden regelmäßig Führungen durch das jüdische Varel und den jüdischen Friedhof angeboten. An vielen Orten hat der Arbeitskreis Gedenk- und Informationstafeln zur Geschichte der jüdischen Gemeinde, zu Bewohnern und Gebäuden aufgestellt.
Weblinks
Text/Bilder: Thomas Hülse