Groningen

Im 18. Jahrhundert ließen sich die ersten Juden in der Folkingestraat nieder. Schnell entwickelte sich die Straße zum Zentrum des jüdischen Lebens in der Stadt. Davon zeugt noch heute die eindrucksvolle Synagoge, ein Zeugnis jüdischer Kultur, Geschichte und Baukunst. Der Zweite Weltkrieg bedeutete eine tiefe Zäsur in der Geschichte der Gemeinde. Nur wenige Mitglieder überlebten den Holocaust.

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Jüdisches Leben

Die jüdische Gemeinde in Groningen blickt auf eine lange Geschichte zurück. Bereits im 17. Jahrhundert ließen sich Juden in der Stadt nieder – angezogen vom wirtschaftlichen Aufschwung der Handelsmetropole. Zwar galten für sie anfangs Einschränkungen: Sie durften keine Zünfte beitreten und keinen Grundbesitz erwerben. Doch sie fanden Arbeit als Händler, Metzger und Geldverleiher.

Mit dem Wachstum der Gemeinde stieg der Bedarf an eigenen Einrichtungen. 1756 gründete sich eine offizielle jüdische Glaubensgemeinschaft. Im 18. und 19. Jahrhundert entstanden Synagogen, Friedhöfe und Schulen. Die Folkingestraat im Stadtzentrum wurde zum Mittelpunkt jüdischen Lebens: mit koscheren Bäckereien, Metzgereien, Geschäften – und einem lebendigen Gemeindeleben.

Die Synagoge in der Folkingestraat

1906 wurde die heutige Synagoge errichtet – ein neoromanischer Bau mit maurischen Einflüssen, entworfen vom Architekten Tjeerd Kuipers. Sie ersetzte eine kleinere, zu eng gewordene Vorgängerin. Die Synagoge war nicht nur Gotteshaus, sondern auch Versammlungsort und Bildungszentrum. Hier tagten Schulen und Vereine – das Gebäude prägte den Alltag vieler jüdischer Groninger.

Der Zweite Weltkrieg – Verfolgung und Vernichtung

Mit der Besetzung der Niederlande 1940 begann die Verfolgung. Juden wurden aus Ämtern gedrängt, mussten sich registrieren. 1942 und 1943 folgten Deportationen: über das Lager Westerbork in die Vernichtungslager Auschwitz und Sobibor. Von über 2.800 jüdischen Einwohnern überlebten nur wenige.

Die Nazis schändeten die Synagoge und nutzten sie als Lager. Die Folkingestraat, einst Zentrum jüdischen Lebens, verödete. Die Gemeinde wurde fast vollständig ausgelöscht.

Neuanfang und Gedenken

Nur wenige Überlebende kehrten zurück. Die Gemeinde war zerstört, ihre Infrastruktur verschwunden. Die Synagoge diente jahrzehntelang anderen Zwecken – unter anderem als Möbellager. Erst in den 1970er- und 1980er-Jahren wuchs das Bewusstsein für ihren historischen Wert. Bürgerinitiativen setzten sich für die Restaurierung ein. 1981 wurde das Gebäude als kulturelles und religiöses Zentrum wiedereröffnet.

Heute finden dort Gottesdienste, Ausstellungen und Bildungsprogramme statt. Die Folkingestraat, Stolpersteine und das Jüdische Denkmal erinnern an die vernichtete Gemeinde.

Jüdisches Erbe heute

Zahlreiche Projekte und Rundgänge führen Besucher durch das frühere jüdische Viertel. Die Stadt bewahrt ihr jüdisches Erbe mit Engagement – als Teil der eigenen Geschichte.

Besuch der Synagoge

Die Synagoge steht heute allen offen. Führungen, Ausstellungen und Programme für Schulklassen bieten Einblicke in jüdische Geschichte, Kultur und Religion. Wer sich für Architektur, Geschichte oder Bildung interessiert, findet hier einen Ort der Begegnung und Erinnerung.
Weitere Informationen zu Öffnungszeiten, Ausstellungen und Führungen finden Sie auf der offiziellen Website der Synagoge Groningen: Synagoge Groningen | Führungen, Ausstellungen, Aktivitäten & Bildung

Text/Bilder: Lola van der Made